Leistungsüberprüfungen

Reinhard Schott

November 2017

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1. Einleitung

Leistungsüberprüfungen sind ein wesentlicher Bestandteil universitärer Lehre. Durch Prüfungen erhalten Studierende Rückmeldungen zu erbrachten Leistungen. Mit positiven Prüfungsergebnissen können sie im Studium voranschreiten und dieses abschließen. Idealerweise stellen kompetenzorientierte Prüfungen fest, inwiefern die Studierenden die angestrebten Studienziele tatsächlich erreicht haben. Um das Prüfungsgeschehen qualitätsvoll gestalten zu können, ist es sinnvoll, sich zunächst genauer mit dessen Funktionen zu befassen.

2. Funktionen

Leistungsüberprüfungen erfüllen in der universitären Lehre folgende zentralen Funktionen:

  • Sie haben für Studierende eine lernsteuernde Funktion. Studierende werden durch klare Anforderungen, gute Prüfungsvorbereitung in den Lehrveranstaltungen, herausfordernde Aufgabenstellungen und faire leistungsdifferenzierte Beurteilungen zu einer aktiven Lernhaltung motiviert und in einer realistischen Selbsteinschätzung gefördert. Transparente Leistungsanforderungen informieren darüber, worauf Studierende hinarbeiten sollen und regen zum vertieften Lernen an. Wird leistungsdifferenziert (s.u.) beurteilt, erhalten Studierende wichtige Hinweise, inwiefern sie den Anforderungen gerecht wurden und können daraus Schlüsse für die nächsten Prüfungsvorbereitungen ziehen. Lehrende können aus den Prüfungsergebnissen darauf schließen, inwiefern die Inhalte in den Lehrveranstaltungen angemessen vermittelt und verstanden wurden und ggf. Anpassungen daraus ableiten.
  • Mit Leistungsüberprüfungen wird die im Curriculum vorgeschriebene Prüfungsordnung vollzogen. Sie erfüllen die Funktion von Leistungsnachweisen und sind entscheidend für den Studienfortschritt.
  • Beurteilungen haben auch eine Informationsfunktion an Dritte (an andere Universitäten sowie Arbeitgeber) zum erreichten Kompetenzniveau der Studierenden und AbsolventInnen. Differenzierte Leistungsbeurteilungen erhöhen die Aussagekraft der Noten nach außen. Dass AbsolventInnen die im jeweiligen Studium vorgesehenen Kenntnisse (Wissen) und Kompetenzen (Können) wirklich erreicht haben, liegt im Qualitätsinteresse des jeweiligen Studienprogramms, der Universität und der Studierenden selbst.

3. Qualität im Prüfungsgeschehen umsetzen

Um die Qualität im Prüfungsgeschehen zu stärken, können Lehrende besonders bei folgenden Punkten ansetzen:

  • Abstimmung der Prüfungen: Im Curriculum beschreiben Studienziele das von den Studierenden am Ende eines Lernprozesses erwartete Wissen und Können. Neben den Studienzielen ist im Curriculum - i.d.R. auf Modulebene - auch der Rahmen für deren Überprüfung festgelegt.
    Da in einem Modul meist mehrere Lehrveranstaltungen auf eine Prüfung vorbereiten, empfehlen sich Abstimmungsprozesse zwischen den beteiligten Lehrenden. Die Abstimmung kann sich u.a. auf vergleichbare Anforderungen, Notenvergabe und Beurteilungskriterien bei Parallellehrveranstaltungen beziehen, aber auch auf die Abstimmung der Lehr- und Prüfungsinhalte oder die Nachbesprechung der Prüfungen zu Semesterende.
  • Transparente Prüfungsanforderungen: Aus den Informationen der Lehrenden zum Prüfungsstoff und den Beurteilungskriterien entnehmen Studierende wichtige Hinweise zur Prüfungsvorbereitung. Die Prüfungsanforderungen sollten sich auf das Erreichen der Studienziele beziehen und im Umfang am veranschlagten Workload (ECTS-Credits) orientieren. Als gute Praxis empfiehlt es sich, für die Studierenden alle Informationen an einem Ort zu sammeln. Bei Parallelprüfungen sollte die Einteilung der Studierenden im Vorfeld organisiert werden.
  • Kompetenzorientierte Leistungsüberprüfungen: So wie im Curriculum Studienziele im Sinn von Kompetenzen (Wissen und Können) formuliert sind, sollte bei Prüfungen entsprechend über Wissen hinaus auch das Können der Studierenden überprüft und damit das tatsächliche Erreichen der Studienziele angeregt werden. Siehe: Kompetenzorientiertes Prüfen, Konstruktion von kompetenzorientierten Prüfungsfragen (verlinken) Unterstützung zu kompetenzorientiertem Prüfen finden sich hier (Link auf CTL Schwerpunktseite Kompetenzorientiertes Prüfen).
  • Lernförderliche Feedback-Kultur: Prüfen dient der Leistungsfeststellung und Dokumentation des Studienerfolges durch Vergabe einer Note. Prüfungen und Beurteilungen bieten zudem eine Gelegenheit, Studierenden ausführlichere Rückmeldungen zu den erbrachten Leistungen zu geben, die sowohl Erreichtes, wie auch Verbesserungsfähiges ansprechen. Eine gelebte Feedback-Kultur trägt nicht nur zur Wertschätzung und Weiterentwicklung der Studierenden bei, sondern gibt auch den Lehrenden die Möglichkeit, gezielt Akzente zur Verbesserung der Lehre und der Prüfungsvorbereitung zu setzen. Weitere Informationen
  • Faire und differenzierte Leistungsbeurteilung: Noten können ihre Bewertungsfunktion dann erfüllen, wenn sie zuverlässig zwischen unterschiedlichen Leistungsniveaus differenzieren.[1] Eine differenzierte Beurteilung von Leistungen in Kombination mit transparenten Zielen und Bewertungskriterien erleichtert den Studierenden, das Handeln auf das Erreichen dieser Anforderungen auszurichten und das eigene Lernen besser zu gestalten. Sowohl die undifferenzierte Vergabe der Einheitsnote „Sehr gut“ als auch eine durchgängig zu strenge Benotung demotiviert Studierende, führt eher zu einer passiven Studierhaltung und kann sich negativ auf die Wahrnehmung der Selbstwirksamkeit auswirken. Sich anzustrengen hat dann für die Studierenden hinsichtlich der erwarteten Noten keinen Mehrwert. Empirische Befunde zeigen, dass die Benotung von Studierenden dann als „fair“ betrachtet wird, wenn Leistungsanforderungen bekannt und transparent gemacht worden sind und Studierende eine Begründung für die erhaltene Note bekommen. Eine differenzierte und „strenge“ Beurteilung unter Ausschöpfung des Notenspektrums wird durchaus als fair eingeschätzt.[2]

Gebündelte Informationen zu studienrechtlichen/administrativen Aspekten (z.B. Prüfungsaufsicht, Einsicht, Fristen) finden sich im Handbuch für Lehrende sowie auf der Website Studienpräses.

Zum Weiterschauen

Zum Weiterlesen:

Müller, Florian H. „Prüfen an Universitäten. Wie Prüfungen das Lernen steuern“. In Universität in Zeiten von Bologna, herausgegeben von Brigitte Kossek und Charlotte Zwiauer, 121- 132. Göttingen: V&R unipress. Vienna University Press, 2012. https://www.researchgate.net/publication/264279599_Prufen_an_Universitaten_-_Wie_Prufungen_das_Lernen_steuern

„Prüfungsnoten an Hochschulen im Prüfungsjahr 2010". Arbeitsbericht der Geschäftsstelle mit einem Wissenschaftspolitischen Kommentar des Wissenschaftsrates. Hamburg 2012. http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/2627-12.pdf.

Quellen:

[1] Bücker, S. & Deimling, M. & u.a. „Prüfung". In: Schneider, M. & Mustafić, M.: Gute Hochschullehre. Eine evidenzbasierte Orientierungshilfe, 119-152. Berlin: Springer, 2015. Download als E-Ressource:
https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-662-45062-8_6 [letzter Zugriff am 22.10.2019].

[2] Schindler, C. & Bauer, J. & u.a.: „Prüfungen als Indikatoren für den Studienerfolg". In: Handbuch Studienerfolg, 62-79. Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft 2015.  https://www.stifterverband.org/handbuch-studienerfolg [letzter Zugriff am 22.10.2019].

Empfohlene Zitierweise

Schott, Reinhard: Leistungsüberprüfungen. Infopool besser lehren. Center for Teaching and Learning, Universität Wien, November 2017. [https://infopool.univie.ac.at/startseite/pruefen-beurteilen/leistungsueberpruefungen/]

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