Naturwissenschaftliche Laborpraktika leiten und betreuen (1)

Sonja Buchberger

September 2019

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Laborpraktikum planen

Klarheit über die Studienziele ist ein zentraler Ausgangspunkt für alle weiteren Planungsüberlegungen. Im Sinne des Constructive Alignment sollen die Studienziele mit den Lehr-/Lernmethoden (insb. Versuchsauswahl) und den Prüfungsmethoden abgestimmt sein, um ein kohärentes Ganzes zu ergeben. Die Studienziele haben jedoch auch weitreichendere Auswirkungen, wie etwa auf die Fragestellungen, die man im Laufe eines Praktikums an die Studierenden richtet.

1. Planungsüberlegungen der LV-Leiter/innen

  • Auswahl: Welche Inhalte und experimentellen Fähigkeiten sollen in diesem Praktikum (v.a.) vermittelt werden? Welche Auswahl von Versuchen ergibt sich daraus (unter Berücksichtigung des vorhandenen Equipments im Labor)? Was ist durch das Curriculum vorgegeben, worin besteht mein Spielraum für Schwerpunktsetzungen als LV-Leiter/in?
  • Sequenzierung von Inhalten und Aufgabenstellungen: Was ist eine geeignete Reihenfolge der durchgeführten Versuche, um den Lernprozess Schritt für Schritt zu fördern?
  • Verzahnung der Vorlesungsinhalte mit dem Praktikum: Gibt es Aspekte der Vorlesung, die im Praktikum explizit aufgegriffen werden können bzw. sollen? Und umgekehrt: Sollte ich in der Vorlesung auf Dinge Bezug nehmen, die im Praktikum in einer bestimmten Einheit gemacht werden?
  • Beurteilung: Welche Teilleistungen erlauben mir, das Erreichen der Studienziele zu ermitteln? Wie möchte ich die Teilleistungen in der Gesamtnote gewichten? (Hier sollte die Gewichtung der Teilleistungen jene der Studienziele widerspiegeln.)
  • Gruppenarbeit: Wie sollen Kleingruppen gebildet werden? Wie gehe ich in der Beurteilung von Gruppenarbeiten vor?
  • Kooperation: Wie werde ich die Kommunikation und Kooperation mit Mitanbieter/innen organisieren? Wie kann ich gerade Personen mit einer neuen Anstellung im Fachbereich (evtl. nicht-deutschsprachig) oder Nachwuchslehrende im Lehreinstieg unterstützen? (z.B. in regelmäßigen Treffen über Lehre sprechen, Tipps geben und für Fragen zur Verfügung stehen, evtl. Verpflichtung für Nachwuchslehrende, manche Vorlesungseinheiten zu besuchen)

2. Planungsüberlegungen der Mitanbieter/innen oder Betreuer/innen

Als Mitanbieter/in arbeiten Sie mit den zentralen Vorgaben der LV-Leitung. Dennoch übernehmen Sie eine zentrale Rolle im Lernprozess der Studierenden: „Experiments do not speak by themselves."[1] Ihre Art mit Studierenden zu kommunizieren bewirkt, dass Studierende zum Denken angeregt werden, die Versuche mit Konzepten in Verbindung bringen und sich trauen, auch einmal eine Verständnisfrage zu stellen.

Tipp für Nachwuchslehrende:

Wenn Sie in einem Praktikum erstmals Mitanbieter/in sind, nutzen Sie die Möglichkeit, die Versuche in der Praktikumsvorbereitung selbst durchzuführen. Sie profitieren auf vielfache Weise davon:

  • Sie können besser einschätzen, welche Arbeitsschritte wie lange dauern (sollten). Das erleichtert Ihnen das Zeitmanagement im Praktikum.
  • Sie machen sich mit den Geräten vor Ort vertraut – und erfahren u.U., dass ein erforderliches Gerät ab und zu nicht funktioniert. Bereiten Sie in diesem Fall einen „Plan B“ für die entsprechende Einheit vor.
  • Sie bemerken mögliche missverständliche Stellen oder fehlende Informationen in der vorhandenen Versuchsanleitung. Diese können Sie dann im Praktikum (mündlich/schriftlich) ergänzen. Wenn Ihnen etwas in der Anleitung unklar ist, wird es den Studierenden nicht anders ergehen.
  • Durch die eigene Durchführung wird Ihnen stärker bewusst, welche Arbeitsschritte Sicherheitsrisiken bergen, auf die Sie die Studierenden speziell hinweisen sollten.
  • Sie stellen sich alle Fragen, die sich auch Studierende in der Durchführung stellen (müssen), z.B. Fragen der korrekten Müllentsorgung bei toxischen Substanzen. Auf diese Weise können Sie Fragen der Studierenden mit geringerer Wahrscheinlichkeit „am falschen Fuß erwischen“.

Sie finden weitere Anregungen zur Vorbereitung der ersten Lehrveranstaltungs-Einheit in einem eigenen Eintrag.

3. Detailplanung der Versuche – weitere Punkte:

  • Wie starte ich die Einheit und stelle das einzelne Experiment in einen größeren (Theorie-)Zusammenhang? Wie kann ich Bezüge zur Vorlesung für Studierende verdeutlichen?
  • Sollte ich Teile des Experiments vorführen? Bei welchen Herausforderungen belasse ich die Verantwortung, Lösungswege zu entwickeln, bewusst bei den Studierenden?
  • Womit könnten die Studierenden in der Durchführung Schwierigkeiten haben? Wie kann ich ihnen an diesen Stellen weiterhelfen?

Weiterlesen

Laborpraktika (2): Während der Praktikumseinheit

Quellen

[1] Séré, Marie-Geneviève. „Towards Renewed Research Questions from the Outcomes of the European Project Labwork in Science Education“. Science Education 86, Nr. 5 (2002): 624-644; hier: S. 638.

Empfohlene Zitierweise

Buchberger, Sonja: Naturwissenschaftliche Laborpraktika leiten und betreuen (1). Laborpraktikum planen. Infopool besser lehren. Center for Teaching and Learning, Universität Wien, September 2019. [https://infopool.univie.ac.at/startseite/lv-typen-disziplinen/naturwissenschaftliche-laborpraktika-leiten-und-betreuen/1-laborpraktikum-planen/]

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