Rechenübungen

Barbara Louis

September 2019

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Einleitung

1. Einleitung

Quantitative Kenntnisse und Fähigkeiten sind in vielen akademischen Fachrichtungen, aber auch in zahlreichen Bereichen der Arbeitswelt, unerlässlich. Zusätzlich zur Beherrschung von Rechenoperationen und Lösungsstrategien ist mathematisches Denken und Argumentieren von Bedeutung. Es ist zentral für ein fundiertes Verständnis der Naturwissenschaften (Nature of Science, NOS) und für kreatives Problemlösen. Jedoch stehen damit Studierende häufig vor großen Herausforderungen. Die vorliegenden Einträge zu Rechenübungen beschäftigen sich mit Möglichkeiten, wie Lehrende ihre Studierenden beim Erlernen mathematischer Kompetenzen im Übungssetting unterstützen können.

2. Herausforderungen

Eine Schwierigkeit in Mathematik- und Statistikübungen an der Universität ist der Übergang von der Schule zur Universität. Studierende bringen unterschiedliche Vorstellungen und Erwartungen über das Fach aus der Schule mit, die sich an der Universität nicht erfüllen. Mechanisches und schnelles Abarbeiten von Übungsaufgaben führt nicht mehr zum Erfolg, wenn sowohl Konzept- als auch Prozesswissen (und ihre Verbindungen) erlernt werden müssen.[1] Beispiele und deren Lösungswege sind komplex, bedürfen oft der Planung, und erfordern insgesamt ein ganzes Bündel an verschiedenen Kompetenzen.[2]

Wenn Studierende Schwierigkeiten und Misserfolge erleben, kann sich dies ungünstig auf ihre Motivation auswirken und in weiterer Folge auch auf ihre Selbstwirksamkeit, d.h. die Überzeugung, Aufgaben aufgrund eigener Fähigkeiten erfolgreich ausführen zu können. Personen mit hoher Selbstwirksamkeit weisen tendenziell einen besseren Studienerfolg auf und verfügen über Haltungen und Arbeitsweisen, die besonders auch in MINT-Fächern wichtig sind, wie z.B. anspruchsvolle Ziele zu verfolgen, Durchhaltevermögen oder eigenständig (kreative) Lösungen zu entwickeln.[3]

Bei Personen, die Mathematik nicht als Hauptfach studieren, zeigen sich mitunter Schwierigkeiten, den Zusammenhang zwischen den Konzepten (z.B. in der Physik) und den mathematischen Elementen zu verstehen, bzw. halten sie diese für voneinander getrennte Dinge.[4] Dies kann ein mangelndes Verständnis für die Relevanz von Rechenübungen mit sich bringen, was sich auf Motivation und Engagement auswirkt.

Neben grundlegenden Problemen im konzeptuellen Verständnis bringen manche Studierende auch unpassende Arbeitsgewohnheiten mit, die Sie allerdings im Übungsbetrieb korrigieren können (z.B. durch detaillierte Anforderungen und Anleitungen):[5]

  • Ungenaues Lesen (z.B. Studierende lesen oberflächlich oder beginnen mit der Lösung, bevor sie die ganze Aufgabenstellung gelesen haben)
  • Ungenaues Denken (z.B. Studierende priorisieren Schnelligkeit vor Genauigkeit, überprüfen die Lösungsschritte nicht, ziehen voreilig Schlüsse, verwenden Einheiten und Maßzahlen falsch)
  • Fehlerhafte oder unsorgfältige Problemanalyse (z.B. Studierende zerlegen komplexe Aufgaben nicht in geeignete Unterbestandteile, finden keinen Zugang zur Bearbeitung, weil sie unstrukturiert vorgehen)
  • Mangel an Durchhaltevermögen (z.B. Studierende geben nach einem ersten, misslungenen Versuch auf, versuchen die Lösung erraten, wenden Lösungsstrategien mechanisch an)

Weiters haben Studierende in einer Lehrveranstaltung oft unterschiedliche Niveaus an Wissen und Fähigkeiten. Auch hier können Sie als Lehrende/-r Ihre Studierenden durch die geeignete Gestaltung der Übungen unterstützen. Der folgende Abschnitt Gestaltungsmöglichkeiten widmet sich einer Auswahl an Umsetzungsmöglichkeiten.

Ein Tipp vorweg: Wenn Sie sich zu einer Umgestaltung Ihrer Lehrveranstaltung entschließen, empfiehlt es sich klein zu beginnen (z.B. mit einer neuen Aktivität in einer LV-Einheit) und neue Elemente nach und nach einzuführen. So können Sie besser herausfinden, was Ihnen liegt und was funktioniert, und Ihr zusätzlicher Arbeitsaufwand hält sich in Grenzen. Darüber hinaus hängt die Tauglichkeit von verschiedenen Methoden immer auch vom Inhalt und den Zielen der Lehrveranstaltung ab.

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Rechenübungen (1): Gestaltungsmöglichkeiten

Quellen

[1] Crooks, Noelle M., und Martha W. Alibali. „Defining and measuring conceptual knowledge in mathematics“. Developmental Review 34, Nr. 4 (2014): 344–77. doi.org/10.1016/j.dr.2014.10.001.

[2] Frischemeier, Daniel, Anja Panse, und Tobias Pecher. „Schwierigkeiten von Studienanfängern bei der Bearbeitung mathematischer Übungsaufgaben“. In Lehren und Lernen von Mathematik in der Studieneingangsphase, herausgegeben von Axel Hoppenbrock, 229–41. Wiesbaden: Springer, 2016, hier S. 232.

[3] Grieser, Daniel. „Mathematisches Problemlösen und Beweisen: Ein neues Konzept in der Studieneingangsphase“. In Lehren und Lernen von Mathematik in der Studieneingangsphase, herausgegeben von Axel Hoppenbrock, 661–75. Wiesbaden: Springer, 2016, hier besonders S. 666.

[4] Heller, Patricia, Ronald Keith, und Scott Anderson. „Teaching problem solving through cooperative grouping. Part 1: Group versus individual problem solving“. American Journal of Physics 60, Nr. 7 (1992): 627–36. doi.org/10.1119/1.17117.

[5] Siehe Frischemeier, Daniel, Anja Panse, und Tobias Pecher. „Schwierigkeiten von Studienanfängern bei der Bearbeitung mathematischer Übungsaufgaben“. In Lehren und Lernen von Mathematik in der Studieneingangsphase, herausgegeben von Axel Hoppenbrock et al., 229–41. Wiesbaden: Springer, 2016; Nilson, Linda B. „Quantitative Reasoning and Problem Solving“. In Teaching at Its Best: A Research-Based Resource for College Instructors, 3. Auflage., 193–98. San Francisco: Jossey-Bass, 2010; hier: S. 194-195.

Empfohlene Zitierweise

Louis, Barbara: Rechenübungen. Einleitung. Infopool besser lehren. Center for Teaching and Learning, Universität Wien, September 2019. [https://infopool.univie.ac.at/startseite/lv-typen-disziplinen/rechenuebungen/]

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